In der näheren Umgebung von Wildeshausen befinden sich mehrere Großsteinanlagen (Megalithanlagen). Allein im Landkreis Oldenburg gibt es 30 solcher Großsteingräber, die nur ein Bruchteil des ursprünglichen Bestandes darstellen. Viele dieser Gräber wurden in der Vergangenheit gesprengt und zu Baumaterial verarbeitet. Eine der doch recht zahlreich vorkommenden Großsteingräber im Landkreis Oldenburg befindet sich in unserem Wirkungskreis zwischen Dehmse und Hunte.

Die „Reckumer Steine“ (Position: 52° 52,230 N, 8° 29,005 E)

Im Grunde genommen bestehen die Reckumer Steine aus zwei nahe beieinander liegenden Großsteingräbern (Grab 1 und Grab 2).

Die jungsteinzeitlichen Kolosse sollen zweier Sagen nach so entstanden sein:

Die zerstrittenen Schäfer

Der ersten Sage nach entstanden die Reckumer Steine wegen eines heftigen Streites zweier Schäfer: Jeder der beiden nahm für sich in Anspruch, einen herannahenden Bienenschwarm zuerst gesichtet zu haben. „Ik woll, dat du es en griesen Steen dar sitten bleevst“ (Ich will, dass Du als ein großer Stein sitzen bleibst) schrie der eine aufgebracht. „Un ick woll, dat du mi ewig Sellskopp doon mößt“ (Und ich will, dass du mir ewig Gesellschaft dabei leistest) entgegnete der andere wütend. Sprachs, und schon erstarrten beide Schäfer samt ihrer Schafe zu Stein. Angeblich wird der Zauber alle hundert Jahre zur Heideblüte bei Vollmond für eine Nacht unwirksam. Dann zögen der Sage nach die Schafe bei Mondlicht über die Heide, die Schäfer aber führten ihren alten Streit fort bis sie im Morgengrauen erneut ihre Stimme erheben: „Joe Tied is vörbi! (Die Zeit ist vorbei!) und schon würden alle wieder zu Stein.
Fragt sich, wann die nächsten hundert Jahre rum sind.

 

Befreundete Riesen

Gänzlich anderen Ursprungs sind die „Reckumer Steine“ einer zweiten Sage nach entstanden:
Zwei eng befreundete Riesen, der eine ansässig im heutigen Kleinenkneten, der andere am rechten Hunteufer nahe der Dehmse, teilten sich eine Axt. Oft brauchten sie sie, um Holz für ihre riesigen Backöfen zu schlagen. Damit beide – trotz der Entfernung – stets ungehinderten Zugriff auf die Axt hatten, deponierten sie sie auf der Mitte des Weges nahe der Hunte. Eines Tages hatte der Fluss Hochwasser und so stapfte einer der Riesen durch das Überschwemmungsgebiet. Als sich seine Stiefel randvoll mit Wasser gefüllt hatten, leerte er sie mit einem heftigen Schwung. Mit dem Wasser katapultierte er unzählige große Steine auf die nahegelegene Heide. Kurz darauf folgte ein wunderschöner Sommertag und beide Riesen sonnten sich an der Hunte. Bald langweilten sie sich, doch einer der Riesen hatte eine zündende Idee: Sie trugen die größten der neulich aus den Stiefeln geschütteten Findlinge zusammen und errichteten zwei mächtige Kammern – die Kammern der „Reckumer Steine“.

Wissenschaftlich bewiesen ist jedoch, dass es ursprünglich mehrere Großsteingräber waren, die am östlichen Hunteufer lagen, davon vier in der Reckumer Gegend. Heute sind nur noch die beiden Reckumer Großsteingräber erhalten; ein drittes Grab soll 1882 noch ca. 1 km nordwestlich vorhanden gewesen sein. Entstanden sind sie 3400 bis 2800 vor Chr.

Die Menschen der „Trichterbecherkultur”, eine vollbäuerliche Kultur – so benannt nach einer charakteristischen Gefäßform - konstruierten aus den Megalithen die Grabmähler. Die Toten wurden demnach zwischen die großen Megalithen (unbehauene Steinkolosse) gelegt und die Zwischenräume mit kleineren Steinen ausgefüllt. Zum Schluß wurde alles mit Erde überdeckt. Hierzu benötigte man keine Riesen und auch nicht mehrere Jahre, sondern in erstaunlich kurzer Zeit und mit überraschend einfachen Mitteln wurden Großsteingräber konstruiert: Die Megalithen hatten eiszeitliche Gletscher lange zuvor in die Geest befördert. Man transportierte sie mit Hilfe von Ochsengespannen über rollende Baumstämme zu der Stelle, wo das Grab vorgesehenen war. Man ließ die als Trägersteine vorgesehenen Megalithen aufrecht in den zuvor ausgehobenen Boden ein und hievte die tonnenschweren Decksteine über Rampen auf das Grab. Damit der Boden nicht nachgab, wartete man, bis er gefroren war.

Und so könnte es ausgesehen haben:

Ähnlichkeiten mit noch lebenden Personen wären rein zufällig !

Gang und Gebe war es, den Toten auf ihrer letzten Reise Gefäße mit Speise und Trank mitzugeben. Doch nicht nur Keramik, die in vielfältigen Formen und mit reichen Mustern verziert waren, gehörten zur Ausstattung der Verstorbenen, sondern auch Steingeräte wie Klingen, Pfeilspitzen und Beile sowie Schmuck in Form von Bernsteinperlen oder durchlochten Tierzähnen. Erstmal tauchten bei Ausgrabungen auch die ersten Metallgegenstände aus Kupfer auf.

Die Reckumer Steine sollen angeblich noch nie archäologisch untersucht worden sein. Mit Ausnahme einer einzelnen Scherbe aus Grab I sind keine Funde bekannt. An den berühmten „Heidenopfertisch“ bei Engelmannsbäke erinnernd, trägt Grab I im Volksmund auch den Namen „Opferaltar“. Bei dieser Begrifflichkeit dürfte es sich um eine irreführende Namensgebung handeln, die von Deutungsversuchen von Großsteingräbern während der letzten Jahrhunderte herrühren:
Die durch Trag- und Decksteine gebildete tischähnliche Form des Grabes verleitete zu dem Trugschluss, hier hätten die von vermeintlich rohen Sitten heimgesuchten, heidnischen Vorfahren ihren Göttern mit Tier- und Menschenopfern gehuldigt.

Das erste Grab ist das kleinere. Es liegt versteckt in einem kleinen Gebüsch in einer Wiese in Sichtweite von Grab 2. Wenn man das Gebüsch von der Straße aus sieht, vermutet man kaum, welch große Decksteine darin verborgen sind. Die 14 x 2 m lange Grabkammer ist zum größten Teil unversehrt erhalten, d.h. 18 - 19 Tragsteine und 7 Decksteine liegen noch mehr oder weniger in ihrer ursprünglichen Lage.

Zwei Deck- und sechs Tragsteine des westlichen Endes sollen abhanden gekommen sein.

 

Grab 2 ist das imposantere von beiden. Es liegt direkt am Waldesrand, und ist im Sommer von Gebüsch verborgen. Wie bei einigen anderen Großsteingräbern ist auch hier die Anlage nur im Winter ungestört zu bewundern.

Die Grabkammer ist 19 x 2 m und nahezu unversehrt. Es sollen noch alle 12 Decksteine vorhanden sein.

 

Bei beiden Gräbern wurden zum Teil an Trag- und Decksteinen Sprengungen vorgenommen, die allerdings teilweise unterbrochen wurden, denn in einigen Steinen befinden sich noch die entsprechenden Bohrungen, die wohl nie mit Dynamit gefüllt wurden.

Bei einer oberflächlichen Untersuchung um 1920 herum, wurde noch eine ca. 26 x 4 m große Einfassung des Grabes aus kleineren Findlingen erwähnt. Von ihr waren bereits 1929 und auch heute leider keine Steine mehr erhalten. Aber auch ohne Einfassung macht das Grab mit seinen gewaltigen Decksteinen einen imposanten Eindruck und sollte unbedingt besucht werden.

 

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